Sechs Krisen, die es zu meistern gilt

 

Nach dem Kulturphilosophen Romano Guardini (vgl. sein Buch „Die Lebensalter“, Matthias-Grünewald-Verlag 1994) müssen Menschen durch sechs Krisen hindurch gehen, bevor sie den jeweils nächsten Lebensabschnitt als neue Aufgabe annehmen können – vorausgesetzt sie erreichen ein Alter von ca. 70 Jahren.

 

Die erste Krise haben wir alle schon geschafft: Aus der totalen Abhängigkeit von der Mutter durch eine riskante, beängstigende Geburt hindurch ins Leben in dieser Welt.

 

Die zweite Krise ist die Pubertät. Die Kindheit muss abgelegt werden. Die Frage drängt: „Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich?“ Wir müssen uns von den Eltern lösen, ohne die Beziehung zu verlieren. Wir müssen eigene Verantwortung für das Leben übernehmen, uns bewusst werden, dass alles Tun und Lassen Konsequenzen hat, die wir verantworten und tragen müssen.

 

Um die 30 herum sollte die „Sturm- und Drangzeit“ beendet werden. Wir müssen einsehen, dass wir nicht mehr alle Möglichkeiten ausprobieren, nicht mehr alle möglichen Richtungen einschlagen können. Es gilt nun, Bleibendes zu bauen. Bis ca. 45 kommen nun die Power-Jahre. Man hat Körper- und Spannkraft, auch genügend geistige Kraft zum Aufbau des Lebenswerkes. Nun ist die Frage zu beantworten: „Worauf will ich mich konzentrieren? Wie bekomme ich die Realität mit meinen Idealen in Einklang?“

 

Die vierte Krise so um 45 herum ist dann die sog. Midlife-Krise. Nach der Gründung und dem Aufbau des Lebenswerkes kommen wir an Leistungs- und Kräftegrenzen. Nun gilt es, in Treue und Loyalität das Lebenswerk abzurunden.

 

Mit ca. 65 müssen wir dann loslassen lernen, das Lebenswerk auf jemand anders übertragen, das Altwerden als Chance entdecken, nicht aus Angst resignieren. Auch lernen, dass alles seine Zeit hat(te) (Kohelet 3) und dass es ganz normal ist, wenn manches Gute vergeht und nur noch in der dankbaren Erinnerung bedeutsam ist. Die Berufungsfrage ist hier: „Was ist meine neue Aufgabe? Wie kann ich verantwortlich mit meinen Erfahrungen zum Mentor und Vorbild, Mutmacher und Zuhörer für andere werden, ohne meine Lebenserfahrungen als absolut anderen aufzwingen zu wollen? Wie kann ich zudem Wächter für die Gesellschaft sein?“ (im antiken Griechenland durfte man erst ab 50 Politiker werden - in einer Zeit, in der viele gar nicht so alt wurden!) Ich bereite mich spätestens jetzt auch auf die Begegnung mit meinem Schöpfer vor. (Anm. v. mir: Gebet und Bibellektüre sollten jetzt noch wichtiger werden. Es gibt zahlreiche Gebetsanleitungen in der Bibel: Mt 6,9-13; 1.Tim 2,1-2; Phil 4,6; das Buch der Psalmen usw.) Seine Ewigkeit soll ja mein Zuhause werden (vgl. 1.Kor 3,11ff; 2.Kor 5,10; Offbg 21-22). Mein ganzes Leben sollte immer auch Vorbereitung auf die größeren Aufgaben danach sein, die Gott mir anvertrauen möchte und von denen ich noch null Ahnung habe. Er kann mich "dort drüben" aber nur einsetzen, wenn ich mich hier in seinen kleineren Aufgaben "ausbilden" und "prüfen" lassen habe, wenn ich mich hier bewährt habe. Nur, wer im Kleinen treu war, wird es auch im Großen sein - so Jesus (vgl. Mt 25 und Lk 16,10). "Wir leben in Verantwortung vor Gott", wir müssen unserem Schöpfer einmal Antwort geben für unser Leben (so die Präambel des GG der BRD im Einklang mit der Bibel).

 

Die sechste Krise ist das Sterben. Wie meine Geburt, so geschieht mir diese Krise auch dann absolut sicher, selbst wenn ich nicht 70 werde! Keiner kommt drum herum. Ich nehme mir Zeit zum Abschied von denen, die ich liebe, und von dem, was bisher (mein Auftrag) war. Ich suche und finde hoffentlich den Einstieg in die Ewigkeit im - wenn es irgend geht - gemeinsamen Gebet und Abendmahl.  Vor Gott wird spätestens klar, wie ich mein Leben gestaltet habe – für die Ewigkeit? Oder nur für Vergänglichkeiten? Vgl. 1.Kor 3,11ff.

 

(Nach einer von mir hier und dort leicht weiterentwickelten Zusammenfassung Guardinis bei Paul Ch. Donders, Lebensplanung . Entdecke deine Berufung, entwickle dein Potential – beruflich und privat, Schulte & Gerth, Asslar 1997)


 

Die Beichte - Frieden mit Gott, mit dem Nächsten und mit sich selbst finden

 

(z. B. nach einer Selbst-Prüfung vor Gott im dem "Spiegel" der 10 Gebote (vgl. 2.Mose 19-20) samt dem Gebot Jesu: "Liebe Gott und den Nächsten mit ganzer Hingabe wie dich selbst" als Grundmotiv allen Tuns und Lassens des Christen. Ich frage Gott beim Blick in den Spiegel seiner Gebote: "Wo blieb ich in Gedanken, Gebeten, Worten und Taten hinter Gottes Traum vom Glück für alle, hinter Gottes Wünschen und Forderungen zurück? Wo und wie habe ich so Gott, anderen und mir selbst geschadet? Wo war ich kein Segen in Gottes Schöpfung?) Alternativ kann ich mich auch an 1.Kor 13 und dort bes. an den Versen 4-8 messen, indem ich für das Wort "Liebe" im Text erstens immer "Jesus" einsetze, dann aber zweitens mich selbst, meinen Namen - schnell wird mewin Abstand zwischen Gottes Ideal in Person = Jesus (bes. am Kreuz) und mir deutlich - und ggf. fällt mir auch konkret ein, wo ich nicht "langmütig, freundlich", wo ich "eifernd/fanatisch" war, wo ich andere zum "mutwillen/aggressiven Verhalten" gereizt habe, wo ich mich selbst "aufgebläht/peinlich gelobt und arrogant über andere gestellt, andere beiseite gedrängt habe", wo ich auf der Seite des Unrechts, nicht auf Seiten der Wahrheit war usw...

 

Ein Beichtgebet nach der Prüfung meines Lebens an 1.Kor 13 oder an den 10 Geboten könnte dann zur Vorbereitung auf die Begegnung mit dem Schöpfer dienen, aber auch vor jedem Abendmahl, z. B. ein Gebet wie dieses:

 

Jesus, der du am Kreuz auch an mich gedacht, für mich gestorben und für mich gebetet hast: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" und: der du - in meinem Fall - sicher auch hättest beten können: "Vater, vergib ihm, denn er wusste manchmal nur zu genau, was er an Bösem sagte und tat und an Gutem unterließ", Jesus, ich nehme Zuflucht zu deiner gnädigen Liebe und baue nicht auf meine guten Taten als Gegengewicht zu meinen Sünden, sondern auf deine liebende Gnade und Barmherzigkeit (= tiefes Mitleid, das zur helfenden Tat wird, die vergibt und tröstet und den am Boden liegenden nicht noch tritt, sondern aufrichtet) und ich bete:

 

O Herr, vergib mir all die guten Gedanken, die ich hätte denken sollen, aber ich habe sie nie gedacht und vergib mir all die negativen Gedanken, die ich gedacht habe – und ich hätte sie nie denken sollen! (vgl. zu dieser Bitte auch Mt 5-6)

 

O Herr, vergib mir alle wichtigen Gebete, die ich hätte beten sollen, aber ich habe sie nie gebetet und vergib mir all die Gebete, die ich gegen deinen Willen gebetet habe – und ich hätte sie nie beten sollen! (s. Mt 5-6)

 

O Herr, vergib mir alle guten Worte, die ich hätte sagen sollen, aber ich habe sie nie gesagt und vergib mir alle bösen, lieblosen oder verlogenen Worte, die ich gesagt habe – und ich hätte sie nie sagen sollen! (vgl. zu dieser Bitte auch Mt 12,36-37)

 

O Herr, vergib mir alle guten Taten, die ich hätte tun sollen, aber ich habe sie nie getan und vergib mir all die negativen Taten, die ich getan habe – und ich hätte sie nie tun sollen! (vgl. zu dieser Bitte auch Mt 25 oder 2.Kor 5,10)

 

Amen.

 

(nach einem Gebet, gesprochen von Antonio Banderas in dem Film: "Der dreizehnte Krieger")

 

S. Kierkegaard sagt: „Du kannst das Leben nur vorwärts leben und rückwärts verstehen“ und sein Ziel war:

 

„Noch eine kurze Zeit, dann ist’s gewonnen,

dann ist der ganze Streit zu nichts zerronnen,

dann darf ich laben mich an Wasserbächen

und ewig, ewiglich mit Jesus sprechen.“

 

Der Weg zum Ziel ist für mich Jesu Wort: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben - niemand findet zum Vater, außer durch meine Hilfe" (Joh 14,6), aber: jedenfalls ich finde den Vater immer nur wieder über den „Umweg“ des Abendmahls am Tisch des Jesu – vgl. 1.Kor 11,23-25/; Lk 12,7-23 und vor allem: Lk 15,1-3.11-32.


 

Mutmacher für Krisenzeiten

 

a) Ein Liedtext unserer Mütter und Väter (EG 329) als Mutmacher für Krisenzeiten:

 

Bis hierher hat mich Gott gebracht
durch seine große Güte,
bis hierher hat er Tag und Nacht
bewahrt Herz und Gemüte,
bis hierher hat er mich geleit’,
bis hierher hat er mich erfreut,
bis hierher mir geholfen.

 

Hab Lob und Ehr, hab Preis und Dank
für die bisher’ge Treue,
die du, o Gott, mir lebenslang
bewiesen täglich neue.
In mein Gedächtnis schreib ich an:
Der Herr hat Großes mir getan,
bis hierher mir geholfen.

 

Hilf fernerhin, mein treuster Hort,
hilf mir zu allen Stunden.
Hilf mir an all und jedem Ort,
hilf mir durch Jesu Wunden.
Damit sag ich bis in den Tod:
Durch Christi Blut hilft mir mein Gott;
er hilft, wie er geholfen.

 

Der Liedtext basiert auf der Glaubenserfahrung der (Juden und) Christen: Der Gott der Bibel bleibt sich selbst immer treu. Er verhält sich uns gegenüber von daher verlässlich, immer gleich. Deshalb wird er auch morgen und in Ewigkeit nicht anders mit mir umgehen als gestern. (Juden und) Christen erkennen somit ihre Zukunft aus der Vergangenheit mit Gott - wie es beispielsweise Hebräerbrief 13,8 ausdrückt: "Jesus Christus ist gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit." Oder vergleiche 2.Timotheusbrief 2,11-13: "Das ist gewisslich wahr: Sterben wir mit ihm verbunden, so werden wir mit ihm leben; dulden wir Leiden im Glauben an ihn, so werden wir mit ihm in Gottes neuer Welt herrschen; verleugnen wir ihn, so wird er uns auch vor Gott nicht als zu ihm gehörig vertreten; sind wir ihm untreu, so bleibt er doch treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen." Oder Jakobusbrief 1,17: "Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis."

 

 

b) Ein Gleichnis als Mutmacher - Krisen sind nicht das Ende, sondern ein Anfang:

 

Zwillinge

 

Zwillinge in der Gebärmutter unterhalten sich:

 

„Weißt du was?“, sagt die Schwester zu ihrem Bruder,

„Ich glaube, es gibt ein Leben nach der Geburt!“

„Was für eine Idee!“, erwidert er, „warum denn? Hier

ist es doch schön dunkel und warm, und wir haben

genug zu essen.“

Das Mädchen gibt nicht nach: „Es muss doch mehr

als diesen Ort geben, etwas, wo Licht ist. Und vielleicht

werden wir uns frei bewegen und mit dem Mund essen.“

Aber sie kann ihren Bruder nicht überzeugen. „Mit

dem Mund essen, so eine komische Idee. Und es ist noch

nie einer zurückgekommen von `nach der Geburt`.

Das hier ist alles, was es gibt! Und mit der Geburt ist

das Leben zu Ende. Warum willst du immer noch

mehr?!“

Nach längerem Schweigen sagt die Schwester zögernd:

„Aber weißt du, was ich noch glaube? Ich glaube, dass

wir eine Mutter haben!“ „Eine Mutter!“, entgegnet er

spöttisch, „ich habe noch nie eine Mutter gesehen, also

gibt es sie auch nicht!“

„Aber manchmal, wenn wir ganz still sind, kannst du

sie singen hören. Oder spüren, wenn sie unsere Welt

streichelt...“ Wieder schweigen beide eine Zeit lang.

Schließlich fährt die Schwester fort: „Spürst du nicht

ab und zu diesen Druck? Das ist doch immer wieder

ganz unangenehm. Manchmal tut es richtig weh.“

„Ja – aber: Was soll das schon heißen?“

„Ich glaube, dass dieses Wehtun dazu da ist, um uns

auf einen anderen Ort vorzubereiten, wo es viel

schöner ist als hier und wo wir unsere Mutter von

Angesicht zu Angesicht sehen werden. Wird das nicht

aufregend sein?“

 

(nach Henry Nouwen oder Ruth Lapide?)

 

 

c) Ein Liedtext von mir:

 

Jedes Ende ist auch Anfang

    

(nach Römerbrief, Kapitel 8, Vers 28 –39):


1. Jedes Ende ist auch Anfang, jeder Abschied auch Beginn,

jeder Schlussstrich unseres Lebens führt uns auch zu Neuem hin.

Jede Krise ist auch Chance, jede Not hat ihren Sinn.

Jede Frage bringt uns weiter. Auch im Scheitern liegt Gewinn.

 

Refrain:

Alle Dinge dienen dir zum Besten,

wenn dein Herz den Schöpfer liebt.

Nichts kann dich scheiden von der Liebe,

die dir Gott in Jesus gibt.

 

 

2. Jedes Alter bringt uns Segen, jedes Jahr hat eignen Glanz,

jeder Tag ist eine Blume, Gottgeschenk im Jahreskranz.

Jede suche ist auch Finden. Jeder Schatten kommt vom Licht.

Jedes Beten in Verzweiflung überhört der Vater nicht.

 

3. Jede Sorge, die wir haben, jede Grenze, die wir spür’n,

kann uns, wenn wir dann Gott suchen,

aus dem Dunkel zu ihm führ’n.

Jeder Abgrund unseres Lebens, jeder Berg, der vor uns liegt,

zeigt uns klarer, dass nur Glaube an den Herrn die Welt besiegt.

(1.Johannesbrief, Kapitel 5, Vers 4)

 

4. Träges Lassen, alles Böse, das du denkst und sagst und tust,

wenn du bittest, wird’s vergeben. Gott beendet Lebenswust.

Jeden Zweifel, jeden Streit, jedes Leid und jede Last

will Gott mit dir tragen, meistern, wenn du nur Vertrauen fasst.

(Matthäusevangelium, Kapitel 11, Vers 28-30)

 

 

Und noch'n Liedtext von mir:

 

Auf Lebensreise

 

Ich werd’ älter, etwas weise,

Jahr um Jahr auf Lebensreise.

Älterwerden hat Gewinn.

Ich lern’ besser unterscheiden,

was vergeht und was wird bleiben.

Älterwerden schärft den Sinn.

 

Jahre kommen, Träume gehen,

ich kann immer klarer sehen:

Auf den Glauben kommt es an!

Früher gab es viele Rätsel.

Langsam lichtet sich der Nebel

über’m Lebensozean.

 

Wunden aus vergang’nen Zeiten,

Gottes Liebe ließ sie heilen

oder machte Segen draus.

Gott bleibt weiter mein Begleiter,

der mich schuf, er ist mein Meister,

lehrt mich auf dem Weg nach Haus.

 

Manches, was mir Früher wichtig,

zeigt sich jetzt als null und nichtig.

Glaube, Hoffnung, Liebe bleibt.

Manches war nur kurz und flüchtig,

manches falsch, nicht alles richtig –

Jesus liebt mich und verzeiht.

 

Und: solange ich noch reise,

sag’ ich’s laut und nicht mehr leise:

Jesus ist mein Herr und Gott!

Alles, alles wird vergehen.

Sein Wort trägt und bleibt bestehen,

hält auf Kurs in Freud und Not.

 

Herr, komm segne meine Wege.

Deinen Segen auf mich lege.

Ohne ihn komm ich nicht weit.

Und ich will ein Segen werden

für das Leben hier auf Erden,

auf dem Weg zur Ewigkeit.

 

(Geburtstagslied für meinen Sohn, Mel. Jesus Christus herrscht als König EG 123)